03677 CyberRisikoCheck für KMU nach DIN SPEC 27076 – Informationssicherheit leichtgemacht

Die Digitalisierung bringt Chancen – und Cyberrisiken: Mehr als die Hälfte aller Cyberangriffe zielt auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ab. Der CyberRisikoCheck (CRC) ermöglicht Unternehmen mit begrenzten Ressourcen einen systematischen Einstieg in die Informationssicherheit. Praxisnah, förderfähig und effizient hilft er, Schwachstellen zu identifizieren und priorisierte Maßnahmen umzusetzen. Lesen Sie im Beitrag, warum der CRC der Start zu einem Informationssicherheitsmanagementsystem (ISMS) nach ISO/IEC 27001 sein kann und wie sich durch IT-Sicherheit Wettbewerbsvorteile realisieren lassen.
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1 Einleitung

Bedrohungs-Lage für KMU
Die digitale Vernetzung prägt längst auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Auftragsbearbeitung, Kundenkommunikation, Lieferketten: Alles läuft über IT-Systeme. Doch gerade dort, wo diese Systeme die Lebensader des Geschäfts bilden, fehlt häufig eine strukturierte Absicherung. Statistiken belegen: Mehr als die Hälfte aller erfolgreichen Cyberangriffe trifft Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten. Die Schäden reichen von Datenverlust über Produktionsausfälle bis hin zu existenziellen Bedrohungen. Viele KMU stehen unter enormem Druck: Sie sollen innovativ, schnell und flexibel sein – doch Ressourcen für eine umfassende Informationssicherheit fehlen meist.
DIN SPEC 27076 als Antwort
Da setzt der CyberRisikoCheck (CRC) nach DIN SPEC 27076:2023 [1] an. Er wurde gezielt für KMU entwickelt, die weder eigene IT-Abteilungen noch Budget für teure Zertifizierungen haben. Der CRC reduziert die Komplexität internationaler Normen auf ein pragmatisches Maß: 27 konkrete Anforderungen in sechs Themenfeldern, die innerhalb weniger Stunden erfasst und bewertet werden können. So entsteht ein klares Bild des aktuellen Sicherheitsniveaus – vergleichbar, transparent und verständlich, auch für Geschäftsleitungen ohne technisches Fachwissen.
Praxisnutzen und Einstieg
Der CRC liefert nicht nur eine Momentaufnahme. Er zeigt Prioritäten an: Wo bestehen gravierende Lücken, welche Maßnahmen sollten sofort umgesetzt werden, und welche Schritte können in einer zweiten Phase folgen? Für viele KMU bedeutet das einen realistischen Einstieg in die Welt der Informationssicherheit – einen ersten, machbaren Schritt, bevor komplexere Systeme wie ein vollständiges Informationssicherheitsmanagementsystem (ISMS) nach ISO/IEC 27001 aufgebaut werden.
Verbindliche Begleitung
Damit das Verfahren bundesweit einheitlich angewendet wird, dürfen nur qualifizierte IT-Dienstleister den CRC durchführen. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) [2] hat dafür ein Schulungs- und Prüfverfahren etabliert. So ist gewährleistet, dass jedes Ergebnis nach den gleichen Standards ermittelt wird und Unternehmen einen verlässlichen Vergleichswert erhalten.
Es wird deutlich: KMU sind ein Hauptziel von Cyberangriffen, doch oft fehlt ihnen ein einfacher Einstieg in gelebte Informationssicherheit. Der CRC bietet diesen Einstieg – praxisnah, normbasiert und förderfähig. Im nächsten Abschnitt werden die Grundlagen des CRC erläutert: Aufbau, Zielgruppe und methodisches Vorgehen.

2 Grundlagen des CyberRisikoChecks

Bewertungsmethodik
Jede Anforderung wird auf einer Skala von 0 bis 3 bewertet:
0 Punkte – nicht vorhanden
1 Punkte – rudimentär umgesetzt
2 Punkte – vorhanden, aber noch verbesserungswürdig
3 Punkte – vollständig etabliert
Das Ergebnis wird zu einem Reifegradprofil zusammengeführt. Ergänzt wird es durch eine Gewichtung: Besonders sicherheitskritische Fragen (z. B. Aktualisierung von Systemen, Durchführung von Backups) haben mehr Einfluss auf das Gesamtergebnis. So entsteht ein differenziertes Bild, das über ein bloßes „Ja/Nein” hinausgeht.
Der Ablauf in der Praxis
Ein CRC dauert typischerweise vier Stunden und gliedert sich in vier Phasen:
1.
Vorbereitung: Erhebung von Basisinformationen, Abstimmung mit der Geschäftsführung
2.
Interview: strukturierter Fragenkatalog im Dialog mit Schlüsselpersonen (z. B. IT-Dienstleister, Datenschutzbeauftragter)
3.
Auswertung: Bewertung, Zuordnung, Visualisierung der Ergebnisse
4.
Bericht: Erstellung einer kurzen Managementzusammenfassung plus detaillierter Anhang
Das Verfahren ist so kompakt, dass es an einem halben Arbeitstag abgeschlossen werden kann – ein entscheidender Vorteil für Unternehmen mit geringem Zeitbudget.
Qualifikation der Dienstleister
Damit der CRC bundesweit konsistent durchgeführt wird, hat das BSI eine Akkreditierung eingeführt. Dienstleister müssen eine Schulung absolvieren und eine Prüfung bestehen. Nur sie dürfen das Verfahren offiziell anbieten. Bis Ende 2025 sollen über 1.000 qualifizierte Expert:innen in ganz Deutschland zur Verfügung stehen. Über ein Onlineregister können KMU gezielt nach Anbietern in ihrer Nähe suchen [3]. Diese Standardisierung verbessert die Vergleichbarkeit und schafft Vertrauen.
Beispiele für Ergebnisse
Ein typisches CRC-Ergebnis könnte so aussehen:
Organisation: 1,5 Punkte
IT-Systeme: 2,0 Punkte
Anwendungen: 1,0 Punkte
Identitäten: 0,5 Punkte
Erkennung: 0,5 Punkte
Backups: 2,5 Punkte
Im Spinnendiagramm wird sofort sichtbar, dass Zugriffsrechte und Monitoring vorrangige Baustellen sind. Der Bericht enthält dazu priorisierte Maßnahmen, etwa Einführung einer Password-Policy und Einrichtung einer zentralen Log-Überwachung.
Abb. 1: Beispiel: Ergebnis im Spinnendiagramm
Nutzen…
Die Vorteile für KMU liegen auf der Hand:
Transparenz über die aktuelle Sicherheitslage
Klar priorisierte Maßnahmen, die auch ohne Spezialwissen verständlich sind
Vergleichbarkeit dank einheitlicher Methodik
Förderfähigkeit: Viele Bundes- und Landesprogramme bezuschussen CRC-Durchführungen.
… und Grenzen
Der CRC ist, wie bereits in Abschnitt 1 erläutert, kein Ersatz für ein vollständiges Informationssicherheitsmanagementsystem. Er liefert eine Momentaufnahme und hilft beim Einstieg, ersetzt aber keine kontinuierliche Risikoanalyse und keine Zertifizierung.
Abschnitt 2 bildet das Fundament: KMU verstehen Aufbau, Methodik und Zielsetzung des CRC. Im nächsten Schritt wird gezeigt, wie die Durchführung im Detail aussieht – von der Vorbereitung über die Befragung bis zum Maßnahmenplan.

3 Durchführung des CyberRisikoChecks

Vorbereitung
Die Durchführung des CyberRisikoChecks ist ein strukturierter Prozess, der in mehreren Phasen abläuft und bewusst so gestaltet ist, dass auch kleine und mittlere Unternehmen ohne tiefes IT-Wissen teilnehmen können. Schon die Vorbereitung entscheidet wesentlich über den Erfolg. Zunächst muss die Geschäftsführung den CRC sichtbar unterstützen. Informationssicherheit kann nicht „delegiert” werden – sie ist eine Managementaufgabe. Wenn die Leitung den Check nur als Pflichtübung sieht, bleibt das Ergebnis oberflächlich. Wird er jedoch aktiv getragen, signalisiert dies allen Mitarbeitenden: Das Thema hat Priorität.
Zur Vorbereitung gehört die Auswahl der relevanten Ansprechpartner. Typischerweise sind das IT-Verantwortliche, die Geschäftsführung selbst, Mitarbeitende aus Verwaltung, Personal oder kritischen Fachabteilungen. Ebenso wichtig ist die Definition der Ziele: Manche Unternehmen wollen schlicht eine Standortbestimmung („Wo stehen wir?”), andere benötigen Nachweise für Kunden, Versicherungen oder Förderstellen. Wieder andere möchten prüfen, ob sich bereits investierte Mittel in IT-Sicherheit auszahlen. Diese Klarheit verhindert Missverständnisse und erleichtert die spätere Umsetzung.
Auftaktgespräch
Am Beginn des CRC steht ein kurzes Auftaktgespräch, in dem Ablauf, Dauer und Rollen erklärt werden. Der Auditor, zugleich der Moderator, betont, dass es kein Audit mit „Bestanden” oder „Durchgefallen” ist, sondern ein Dialog zur Standortbestimmung. Dieser Unterschied ist zentral: Nur wenn die Befragten Vertrauen haben, sprechen sie offen über Lücken. Das Gespräch klärt auch organisatorische Fragen:
Wer beantwortet welche Themen?
Wo finden Interviews statt?
Sind Unterlagen wie Notfallpläne oder Netzwerkübersichten verfügbar?
Interviewmethodik
Herzstück ist das moderierte Interview anhand der 27 Fragen aus der DIN SPEC 27076. Diese Fragen sind bewusst so formuliert, dass sie ohne Spezialwissen beantwortet werden können. Anstelle von „Verwendet Ihr Unternehmen TLS 1.3?” lautet die Frage z. B.: „Werden E-Mails und Datenübertragungen verschlüsselt?” – eine Formulierung, die auch Nicht-ITler verstehen.
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